Barthold Georg Niebuhr

Johann Heinrich Voß

Brief

Ort: Bonn

Datum: 07.08.1824

Artikelnummer: KKS202400137

Kontext

Eigenhändiger Brief Barthold Georg Niebuhrs an Johann Heinrich Voß und dessen Antwort

Inhalt

Voß' Brief, wahrscheinlich im März 1824 verfasst, wird im August desselben Jahres von Niebuhr beatwortet. Voß dankt für den Brief und wird etwas nostalgisch, den Knaben Barthold betreffend, wünscht ihm Ruhe zum guten Arbeiten, lästert über Steinacker und Hermann, äußert sich wohlwollend über Niebuhrs zweite Frau Gretchen Hensler und den Sohn Marcus und berichtet von seiner Arbeit an den mythologischen Forschungen, der altgriechischen Weltkunde und dem Aratus. Der Berliner Akademie der Wissenschaften muss ein Exemplar der Antisymbolik geschickt werden. Der Winter war arbeitsreich - Entschuldigung für die späte Antwort und Grüße. Niebuhr antwortet Voß im August, hat ihm drei Abhandlungen übermitteln lassen und hofft auf dessen Zufriedenheit mit den Arbeiten. Er geht auf die Weltkunde-Forschung ein und hofft auf ein Exemplar von Herodots Geographie, das noch in Rom befindlich ist. Ärgernis über den Verlust der eigens dafür angefertigten Zeichnungen, die in der Publikation keine Anwendung fanden. Voß erklärt, warum er sich in Bonn, nicht in Trier oder Berlin niedergelassen hat, Freude über die neue Nähe zur Familie Voß. Dank für die übermittelte Antisymbolik und Lästereien über die Brüder Schlefgel, v.a. August Wilhelm Schlegel und dessen Indienstudien. Berichte vom Arbeiten an der römischen Geschichte, das Fehlen der nötigen Ruhe durch Umzugsstress und die Erwartung eines neuen Kindes. Beschwerden über die schändliche Rezension seines Werkes durch Eichstädt, Freude über die Entwicklung des Sohnes Marcus und Sorge über die Krankheit der kleinen Töchter und die die politische Entwicklung auf den griechischen Inseln.

Maße: Das Blatt misst ca. 25 x 21(42) cm.

Zustand

2 Schriftstücke: Brief Niebuhr: Die Schrift in brauner Tinte stellenweise minimal verblasst, gut erhalten und lesbar, teil durchdrückend nach verso. Der Doppelbogen mehrfach gefalzt, unregelmäßig gebräunt, fingerknittrig,die Ecken knickfaltig, die Blattkanten bestoßen, knick- und quetschfaltig, hier umlaufend kleinere Einrisse, größere Einrisse in den Rändern entlang der Falzen, innerhalb des Bogens entlang der Falzen einige kleine Löcher, 2 größere Fehlstellen auf der zweiten Seite im unteren und rechten Blattrand mittig, eine weitere oben rechts, verm. durch Siegelöffnung, stellenweise blasse Stockflecken, ein etwas dunklerer auf der Innenseite recht unten, ein leichter Fettfleck mittig in der Innenseite des Doppelbogens, verm. vom Siegelwachs, hier verso ein Papierfetzen. Rückseitig der Bonner Poststempel und eine fremdhändische Bleistiftannotation. Dem Alter entsprechend in gutem Zustand. Brief Voß: Das Schriftbild stellenweise leicht verblasst, gut erhalten und lesbar. Der Bogen mit Wasserzeichen unten mittig zweifach gefalzt, im linken Rand unregelmäßig berissen, etwas fingerknittrig und vergilbt, in den Kanten und Falzkanten etwas angeschmutzt, hier auch kleine Einrisse, die Ecken knickfaltig, blass stockfleckig, in den Rändern stärker, verso entlang der Ränder leichte Quetschfalten. Dem Alter ensprechend in sehr gutem Zustand.

Provenienz

Aus dem Berliner Kunsthandel erworben.

Seite 1: Dein Brief, mein guter Barthold, Carstens Sohn, hat mich innig gelabt. Er sezte mich in die schönen Jahre zurück, da ich in Meldorf u. Brunsb. mir selige Vergessenheit u. Kraft zu neuer Ausdauer schöpfte. Mich verjüngte der jugendliche Trieb des Bu- ben Barthold u. das fröhliche Aufblühen des Jünglings. Ich sah in der Zukunft den Mann, in welchem des Vaters Wißbegierde, Verstand u. unverlezl. Wahrheitssinn (?) mit mütterl. Fantasie und Herzlichkeit sich vereinigte. Was du mir zu verdanken hast, lieber Sohn, sind nicht die Gespräche, wozu du Unermüdlicher mich oft verleitetest, sondern daß ich vor Göttingen dich bewahrt, zum Selbstforschen dich ermuntert, und dir nie, was ich von dir erwartete, gesagt habe. Mit Sorge sah ich, wie du später den Weltleuten dich vertrautest; aber mit Zuversicht, du würdest dich durchfinden, u. das Zeitliche benutzen zum Ewigen. Wohl dir! Die Vorsehung hat dich in die Stille der Geistes- übungen zurückgeführt. Du wirst mit vollgeistiger Kraft entgegenarbeiten der Barbarei u. ihren Unholden, ungestört von Verken- nenden, von Neidern, von dunkelnden Buchstablern. Geh deinen Gang unter Kläffern fort; wer zu nahe den Beinen kommt, dem gieb eins, und laß ihn dahinjauln; aber ihm nachrennen mußt du nicht. Hier unterbrach mich Schlossers Besuch. Ich fragte: Haben Sie viel an Niebuhr zu bestellen? – Meinen Gruß, u. die Bitte, sich nicht mit dem elenden Steinacker zu beschäftigen. – Beschäftigen? Er hat ihn, mein‘ ich ja, abgelohnt, u. dem hezenden Grammatiker wird er das Seinige beiläufig in dem Buche zahlen. Man hat mir gesagt, Hermann sei unfein, u. einseitig, aber wahrhaft. Mir scheint er viel auf Kleinigkeit, ohne Sinn für Großes und Herzerhebendes, u. kein Meister der Weltfeinheit, die sich für „Humanität“ ausgiebt. Wir anderen wollten den misgünstigen Wortkrittelern ihre Sünde verzeihn, wenn sie beitrug, die römische Geschichte wieder in Gang zu bringen. Ich bewundere die Fassung, die ohne festen Sitz, ohne eigene Bibliothek, solch eine Arbeit fortsetzen kann. Wäre mein Barthold doch erst in Ruhe, wie ich in seliger Abgeschiedenheit vom Weltgetümmel! Dann setzt er sich einmal an das behagliche Geschäft, sein Werk, nach überstandener Mühseligkeit, mit ausbildender Lust umzuschreiben, wie Lessing u. Livius, u. über ewiges, worauf Zeit- geist der Umgebung vielleicht eingewirkt, mit den Unsterblichen des Alterthums sich zu besprechen. Frage nicht, was ich meine; ich bin deiner Materie nicht Herr; ich sollte nur, wo der Eigener sich selbst unähnlich scheint; wie etwa der Baum aussehen würde, wenn der kräftige Stamm s. Krone frei von Luftzug u. Einengung ausgebreitet hätte. Mein Gretchen Hensler (welch ein Name für mein Herz!) wird nun Ihrem Marcus ein gleichartiges Brüderchen gebracht haben. Ich möchte ihr noch einmal vorpredigen, wie artig u. lieb sie sei. Aber sie würde sich bald wenden u. nicht sagen: Mehr! Mehr! Nehme sie denn ohne Predigt ein Exemplar meiner Luise u. erzähle sie einst ihren Töchtern: Das hat mir Voss geschenkt, der meinen Großvater als Erhalter s. Lebens, u. als weisen Einwirker auf Geist u. Leben, verehrte u. liebte. Dir, mein treuer N., sende ich die eben erscheinende Abfertigung der heillosen Symbolik. Einer musste sich hergeben zur Be- kämpfung des anwachsenden Höllenbundes. Und was dann mir geschehen, dem 73 jährigen? Dem ersten Bande der mythol. Forsch. fehlt wenig, ausser dem Umschreiben, wozu ich mich freue. Gern möcht' ich noch die altgriech. Weltkunde bis auf Herodot in einige Gestalt bringen. Das folgende überlass ich dir, u. auch du wirst deinem M. mit dem redlichen N. gesicht noch Unvollendetes zu Ergänzungen u. zu genaueren Bestimmungen nachlassen, in beiden trennbaren Bezirken des mythischen Alterthums, der Weltkunde Seite 2: und der Geschichte. Wie oft, wo ichs am wenigsten erwarte, gab mir eine bekannte Trümmer, in gehörigen Licht besehen, eine Antwort, die wieder neue Wahrscheinlichkeiten zur Frage brachte! Man wird nie fertig, so oft man auch nach ergiebigem Tagewerk fröhlich zu Bette ging. Jetzt endlich, da ich der Berl. Ak. d. W. meine Antisymb. senden muß, werde ich Freund B. um die filolog. Abhandlung ersuchen. Er scheint seine Gewogenheit mit weltkluger Umsicht zu mäßigen. Als die Myth. Br. durch Stillschweigen u. gelegentl. Kniffe gehemmt wurden, schrieb er im Tone des Wohlwollens gegen meine Vorstellung v. Apollon, die er nicht einmal zu fassen sich bemüht, mit witzelnder Unkunde. Es kränkte mich, im Fäakenvolk auch nicht Einen gewogenen zu finden. Wie 12 große Götter bei Homer, so träumt er einen unweltlichen Thier- kreis mit der Wage, u. Weisheitsbringer aus dem Orient berauscht vom Nepenthes der Etymologie u. den Witzjägern. Und welch ein Gernwitz im Lexilogus! besonders über ανηνοθεν cc, wo die verfehlte Wahrheit in 4 Zeilen sich sagen lässt. Nächstes sende ich meinen Aratus, nicht wie er sein sollte, sondern wie ich ihn zu geben vermocht. Er wird, nach dem Modeaus- druck, anregen, wenn nicht zum Weiterforschen, doch zum Tadeln, oder zum Stillschweigen. Gerechte Erwägung erlebt dein Marcus. Du siehst, l. B., daß mir Gott einen heiteren u. arbeitseligen Winter beschert hat: genialis hyems in römischer Bedeutung, gern möcht' ich, auch in neuerer. Nun begreifst du, warum ich deinen erfreuenden Brief so spät beantwortet. Wohlsein, du Lieber, u. heiteres Wohlgefühl. Voß. Fremdhändisch: Brief von Vater Voß an Niebuhr, geschrieben im Jahr 1824. An Herrn Hofrath Voß zu Heidelberg frey Seite 1: Bonn, den 7ten August 1824 Ich hoffe, liebster Vater Voß, daß Pfaff aus Kiel Ihnen drey Abhandlungen von mir übergeben haben wird, welche er bestimmt versprach besorgen zu wollen. Seine Töchter verbürgten sich für die Erfüllung der Zusage, und ihnen, nicht dem Vater, habe ich getraut. Denn ob er Sie besuchen werde, ist mir zweifelhaft: theils weil er gesteht es bey seiner lezten Durchreise nicht gethan zu haben, theils weil er sich bey Ihnen scheuen möchte. Der Astrolog zu Erlangen ist doch sein Bruder? Und er selbst, (wenn auch, so weil ich weiß, er nicht unter Harms Aposteln als Schriftsteller aufgetreten ist, ) gehört doch zu denen welche Freunde der Freyheit – und ausschließende – seyn wollen, und Religionsedicte, Heucheley, Beschwörung der symbolischen Bücher und Absezung der nicht streng orthodoxen Prediger mit Geschrey fordern. Leid wäre es mir sehr wenn der verworrene Schwäzer seinem Versprechen ungetreu geworden wäre: denn ich könnte den Verluist nicht ertragen; so dürftig ist die Zahl der Exemplare welche unsere Akademie den Verfaßern von ihrenen eigenen Abhandlungen zukommen läßt; und die meinigen sind ganz erschöpft. Es liegt mir aber viel daran daß Sie die über die Chronik des Eusebius und das Alter des Curtius und Petronius lesen mögen: weil ich mir schmeichle daß Sie zufrieden seyn werden. Am nächsten würde Sie freylich jene Abhandlung über Herodots Geographie interessieren – von der ich noch hoffe, wenn unsere Sachen aus Rom kommen, ein Exemplar zu finden. Die Karte, welche ich sorgfältig zum Stich gezeichnet überliefert, ist , sehr wahrscheinlich durch eine Treulosigkeit Dehlers (?), der damals den Abdruck der Abhandlungen, und den Stich aller dazu gehörigen Zeichnungen besorgte, weggelassen – und meine Zeichnung verloren gegangen. Ihr Brief, und der der ehrwürdigen Mutter, hat uns ganz ungemein erfreut. Die Verjüngung Ihrer Schrift- züge seit zehn Jahren entspricht der Wiederannäherung an jugendliches Mannesalter in Ihren Zügen und Ihrer Haltung. Dreyßig Jahre zurückgedacht sind Sie kaum äußerlich gealtert, und die Frische Ihrer Seele ist es um gar nichts. Daß Sie gegen uns aber derselbe sind wie damals fühlen wir mit Freude und Dank- barkeit: Ihr Brief gehört zu meinen Kleinodien. Sie selbst, liebster Vater Voß, sind gewiß auch so geblieben: über die verehrte Mutter sind uns Gerüchte von Krankheit zugekommen, deren Schmerzliches durch die Versicherung daß sie gesesen sey nicht ganz vertilgt wird. Wir haben unseren Wohnsiz jetzt im Ernst hier genommen, und trachten ernsthaft darauf ein Haus zu kaufen oder zu bauen, um mit Aussicht auf fortzuerbenden Besiz zu pflanzen und zu säen. Dieser Entschluß ist theils nur Folge des Mangels eines besseren. Itrgendwo im Preußischen müßten wir wohnen; da man mir wie ich den Dienst verlassen, vorläufig eine Pension gelassen.: Berlin konnte es nicht seyn, weil es da viel zu theuer ist, und Erinnerungen besserer Zeiten im Getümmel der dort jetzt regierenden leeren Zer- störungen das Herz gar zu marternd zusammenschnüren: also hier aber so gut als irgendwo sonst, wie wohl eine Universität nicht mehr nach meinem Sinn ist als nach dem Ihrigen. Es ist hier schon nicht ganz nördlich, und in den meisten Jahren reifen die Trauben zu einem kräftigen unverächtlichen Wein. Trier zieht an als römische Stadt; und es muß da um so viel lauer seyn als Tarent gegen Tibur: aber es hat viel bedenkliches sich an einem so durch und durch katholischen Ort aus wohl Seite 2: niederzulassen: die Einheimischen lobt niemand: und wenn es in der Hinsicht dahier um nichts besser stehen mag, so verschwinden die hiesigen unter den fremden – in Trier giebt es keine andere fremde außer den Officianten, die ein schlechter Umgang sind. So sind wir hier geblieben: und Ihnen viel näher als wenn Sie in Eurin und wir in Berlin wohnten. Auch werden wir Sie nun manchmal besuchen: denn wir werden doch hoffentlich noch manches Jahr miteinander verleben. Allein auch Sie müßten uns hier besuchen: das nächstemal wenn Sie nach Kreuznach gehen, schiffen Sie sich zu Bingen ein, und landen hier. Und wenn meine Schwester nicht grade bey uns ist – was Sie übrigens immer wissen werden: verweilen dann eine n Zeit bey uns; und lassen Sie uns erkennen wie wir zusammen unser selbst und der erworbenen Geistesgüter froh werden können, wie vieles auch grämt und betrübt. Für Ihre Geschenke sage ich Ihnen zuerst Gretchens Dank für das seit der Kindheit geliebte Gedicht; und und dann den meinigen für die bewundernswürdige Antisymbolik. Wenn einer todtgeschlagen worden, so ist es der. Das ist ein wahrhaft heroischer Beruf Unthiere auszurotten, wenn es auch keine Löwen und Drachen, sondern nur gigantische Kröten sind. Ich glaube wahrzunehmen daß eine einst kleine Zahl Ihre Enthüllung ignorieren wollen/ will; und mit diesem Behelf wird man die Träume des Faselers wohl noch eine kleine Zeit hinhalten: aber diese Kunst dauert doch nur ihre Zeit, und eine kurze: also daß bald nur die Schmach für unsere Litteratur bleibt daß eine Misgeburt wie die Symbolik und was zu ihr gehört mehr als ein Duzend Jahre von allgemeinem Geschrey als ein Meisterwerk hat ausgerufen werden können. Freylich steht sie nicht allein, sondern gehört in ein ganzes von Unsinn und Unvernunft womit seit einem Menschenalter gefrevelt worden ist. Für dieses Ganze verdienen die Schlegels jede Züchtigung wie hart sie auch ausfällt: aber wenn Sie glauben daß der A. W. katholiciere, so thun sie ihm Unrecht. Mistrauen Sie meiner Rechtfertigung nicht: ich stehe so mit ihm (der hier ein mächtiger Mann ist) daß wir uns nicht grüßen, und wenn wir uns, was höchst selten geschieht, in einer Gesellschaft treffen, kein Wort miteinander wechseln. Aber der Wahrheit gebührt die Ehre, und ich will einen Glaubenseid darauf schwören daß er im Indischen nicht die allerge- ringste beziehung auf den Catholicismus sieht, und auch nicht einen katholischen Gedanken in seiner Seele hat. Da ich ihn entschieden für einen Hund halte, so zweifle ich gar nicht daß er , wenn er nicht reich wäre, Reichthümer, und auch jetzt was der Eitelkeit sanft (?) thut, durch einen unbemerkten Übertritt kaufen würde: aber dem Creuzerischen Indischen Catholicismus ist er ganz gewiß fremd: und es ist auch nicht daran zu denken daß er ein Propagandist sey. Die ihn genauer kennen, erklären sein indisches Studium daher weil er sich eine gelehrte Reputation machen wolle, und doch Selbstkenntniß genug habe um einzusehen daß in der griechischen und römischen Philologie für ihn nichts mehr zu machen sey. Er klage hier mit dem alten Choridus, νυν οτε παντα δεδαξας! – da er nun unzweifelhaft ein Sprachtalent hat, so packt er das Sans- krit an - welches Sie und ich ihm nicht beneiden werden. Ebenfalls wegen seines Sprachtalents, und um den Unmuth seines Ehrgeizes zu zerstreuen, beschäftigt sich W. Humboldt damit – den Sie gewiß nicht im Verdacht haben werden Mystiker zu seyn. Es ist doch auch recht gut daß die indische Frazenlitteratur bekannt wart: dann wird sie auch bald nach Verdienst gewürdigt. Seite 3: Wenn wir uns sehen, so belehren Sie mich worauf sich die Annahme gründet daß zu Thapsakus ein Markt gehalten ward, welcher Vorasien mit Palästina verband? Sollte ich darüber etwas in Ihrem Buche selbst übersehen haben? Ich selbst bin kaum versucht eine Kenntnis des Namens Jehova u. dergl. noth- wendig aus Palästina herzuleiten, da es für mich gar nicht erwiesen ist daß die hebräer; nach ihrer Sprache mit den Phönikiern vielleicht vom nämlichen Stamm; in ihrer Religion so original waren wie sie es behaupten. Da die Wanderung so vieler hunderttausend in der Wüste ein Unsinn ist, so erlaube ich mir Mosis historisches Da- seyn für gar nicht besser begründet zu halten als alles was damit in´der Tradition zusammen hängt. Meine Arbeit am dritten Bande, zum Theil befriedigend gelungen, ward durch das Entbehren der nöthigen Bücher im eigenen Zimmer mehr und mehr erschwert, bis die Niederkunft meiner Frau alles abbrach: ich mußte meine Wohnung verändern, und die Kinder lange Zeit den ganzen Tag bey mir haben. Darauf folgten nachher die Reise nach Berlin, und nachher habe ich noch keine Ruhe gefunden. Zum Herbst werden wir eine etwas geräumigere Wohnung haben, und vor dem Winter hoffe ich meine Bücher zu erhalten. Ich sehne mich sie aus Rom, aus Berlin und Holstein zu versammeln, und nun mit dem Vertrauen nicht weiter um- herzuirren zur Sammlung hinzuzufügen. Lassen Sie es mir doch so gut werden Sie einmal in meinem Bücherzimmer zu sehen, und Ihnen den Abguß der Wölfin vom Capitol, und unsere lukanische Vase zu zeigen. Unter den Büchern hoffe ich vorwärts zu gehen, und allerdings auch die beyden ersten Bände zu überarbeiten, und zu bereichern, so daß gleichzeitig diese in neuer Ausgabe und der dritte erschienen. Es ist eine Beruhigung für die Ausführung daß Livius erweislich an fünfzig Jahre alt war als er die Geschäfte begann. Becker in Razeburg, welcher in seiner Vorarbeit über den hannibalischen Krieg Polybius … achtlich begegnet, meynt die erste Decade sey eine Jugendarbeit! – dergleichen wird uns geboten! Ich denke meine Geschichte mit dem 1ten Augsut des Jahres 723, (der Capitulation von Alexandria) zu sch… ein Tag der so langem Elend ein Ende machte, und dessen Feyer unbewußt noch heutiges Tags zu dem fa… macht einen guten Abschnitt. Ihr Beyfall für meine Controversschriften ist mir ein großes Kleinod: die Fehde will ich nicht weiter verfolgen etwas vorsichtiger werden die Leipziger vielleicht doch in ihren despotischen Bestrebungen. Von einer Recension in der J. L. Z. weiß ich nur durch einen Freund, dem der mir unbekannte Recensent dargethan wie Eichstädt alle Ausdrücke von Achtung für mich angestrichen. Das ist doch ein Erzcujon, der Eichstädt! ist es ihm nicht ge- nug gewesen die schmähliche Mannertsche Recension anzustiften, und einen Auftrag einzudrücken welcher mich des Plagiats beschuldigen sollte? Gegen solche Leute müßte die Hundepeitsche gesezlich erlaubt seyn. Mein Knabe erfreut mich fortwährend durch herrliches Aufblühen an Leib und Geist. Das Alterthum ist für ihn die verwandteste Welt, und nirgends ist es so einheimisch. Er liebt und haßt die homerischen Personen leidenschaftlich: und in den Genealogien der Heroen ist er schon recht fest. Folgende Frage, als ich mit ihm das letzte Buch der Odyssee las werden Sie nicht verächtlich finden: wie konnten aber Achilles und Agamemnon mit einander reden da sie kein Blut getrunken hatten? Das jüngstgeborene Kind haben wir sehr kurze Zeit besessen! Und die beyden jüngsten kleinen Mädchen haben Krankheiten erfahren, die den Unterschied zwischen Italiens Clima und dem hiesigen schmerzlich empfinden lassen. Meine Frau und ich grüßen Sie beyde von ganzer Seele. Mir blutet das Herz über Ipsara, und klopft voll Angst für die übrigen Inseln. Ihr Nb (Niebuhr)

Barthold Georg Niebuhr (geboren 1776 in Kopenhagen, gestorben 1831 in Bonn) war ein deutscher Althistoriker und Philologe. Der sprachbegabte Niebuhr studierte an der Universität Kiel, brach das Studium ab und arbeitete zunächst im dänischen Staatsdienst. 1806 ging er nach Berlin, wo er bis 1810 im preußischen Staatsdienst arbeitete, ab 1810 gab er Geschichtsvorlesungen an der neu gegründeteten Universität Berlin. Von 1816 bis 1823 fungierte er als preußischer Gesandter beim Heiligen Stuhl. Im Jahr 1825 wurde er als Professor an die 1818 gegründete Universität Bonn berufen. Seit 1809 war er korrespondierendes Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften, 1822 wurde er in die American Academy of Art and Sciences gewählt, 1827 folgte die Ehrenmitgliedschaft an der Russischen Akademie der Wissenschaften St. Petersburg.

Johann Heinrich Voß (geboren 1751 in Sommersdorf, gestorben 1826 in Heidelberg) war ein deutscher Dichter, Philologe, Übersetzer und Hochschullehrer. Da Voß kein Geld für ein Studium hatte, sandte er 1771 Gedichte an den Göttinger Musenalmanach und lernte so dessen Begründer und Herausgeber Heinrich Christian Boie kennen. Auf Boies Empfehlung begann Voß 1772 ein Theologie- Gräzistik- und Philologiestudium an der Universität in Göttingen. Er war Mitbegründer des ersten deutschen Dichterbundes, dem Göttinger Hainbund. Von 1774 bis 1786 war er Mitglied und Meister der Hamburger Freimaurerloge. 1774 übernahm Voß von Boie die alleinige Redaktion des Museumsalmanachs, den er bis 1800 herausgab. 1777 erfolgte die Heirat mit Ernestine Boie. 1778 arbeitete Voß als Rektor der Lateinschule Otterndorf, ab 1782 als Rektor des Gymnasiums Eutin. Voß reiste in dieser Zeit viel und knüpfte Kontakte zu u.a. Goethe, Gleim, Wieland, und Herder. Bekannte waren außerdem Claudius, Klopstock, W. von Humboldt und F. H. Jacobi. Von 1802 bis 1805 lebte Voß als Privatier in Jena, danach folgte er dem Ruf als Professor an die Universität Heidelberg. 1808 wurde er auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1814 erfolgte die Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften.

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